Einzug

 

So, wir sind eingezogen in unserer neuen Siedlung! Die Grundstücke sind üppig, wenn auch etwas schmucklos. Für die Privatsphäre gibt`s Hecken ringsum, zwei große alte Bäume auf „unserem Grund“ und durch den Eingang zur Straße hin der Blick auf eine große Rasenfläche, ebenfalls mit altem Baumbestand. Dazu gibt`s noch einen Picknicktisch auf unserem Schotterplatz und einen Grill.

 

Da sitze ich nun mit einem Bier und nach etwa einer halben Stunde stellt sich das Gefühl ein: alles gut! Von mir aus können wir auch morgen noch den Tag hier verbringen, `sind ja schließlich gerade erst eingezogen. Wir könnten mal Wäsche waschen, wir könnten mal durchputzen, wir könnten vielleicht auch ein bisschen lesen oder sogar mal unser Heimkino in Betrieb nehmen, einen Film gucken…

 

Die Strecke nach Saskatoon hat sich gezogen und eigentlich wollen wir so schnell wie möglich den eher eintönigen mittleren Teil Kanadas hinter uns bringen, um dann in die großen Nationalparks zu fahren. Wir halten nur noch schnell an einer Tankstelle, um danach nach zwei Tagen „boondocking“ (wild campen) einen Campingplatz anzusteuern. Wasser auffüllen, Klöchen putzen, duschen…

 

Dann macht`s - rruuuuuuuuuums – und ein Schulbus fährt uns an der Tanke hinten gegen die Räder. Es ist weiter nix passiert, wir verbringen aber die nächsten drei Stunden zusammen mit dem Schulbusfahrer auf einer kleinen Stadtrundfahrt durch Saskatoon, um nach einem Ersatz für unseren gebrochenen Fahrradträger zu suchen –erfolglos. Und weil wir ja am nächsten Tag weiter wollen, greifen wir zur nächst besten Lösung und verkaufen dem Busfahrer unsere Räder.

 

Jetzt also auf zum Campground. In der Office sind alle unheimlich busy. Sein Computer sei schrecklich langsam, sagt unser Master Mack. Auf seinem Namensschild steht Gordon McMaster, Manager. „Is this your Camper over there? Ja, er ist es… „Don`t drive on the gras“, sind die ersten Worte, die ich von unserem Master Mack höre, es werden viele folgen. Noch bin ich aber nicht an der Reihe. Vor mir noch zwei junge Frauen und eine dickliche ältere Dame. Die Aufnahmezeremonie in unserer Siedlung dauert. Ist reserviert, wenn ja unter welcher Nummer, Vorname Nachname, Anschrift, Telefonnummer, Emailadresse, Kennzeichen, Länge des Fahrzeugs, Farbe des Fahrzeugs, Haustiere, welche Art Hund, seinen Namen… ? Der Computer ist schrecklich langsam…

 

Dann ist alles im Kasten und es folgt die Einweisung auf dem Platz: don`t drive on the gras, we are here, your site is this, here are the washrooms, the showers are free, hot water, high pressure, ladys here, men there, the laundry, the playground, you can buy firewood, meat, chicken or fish… auf dem Übersichtsplan markiert unser Master Mack dann noch die „speed bumps“ mit einem gelben Textmarker und streicht bei den Regeln noch mal an, was er für den einzelnen Gast als besonders wichtig empfindet. Zum Einzug höre ich all das dreimal…

 

So, da sitze ich nun mit einem Bier und nach etwa einer halben Stunde stellt sich das Gefühl ein, alles gut! Dabei hab` ich die besonderen Vorzüge des Campingplatzes noch gar nicht kennen gelernt – ich werd` aber ausreichend Zeit dafür bekommen…  

 

Denn am nächsten Morgen stellt sich heraus, dass das vermeintlich kleine Problem – Kühlwasser tropft unserem Ivo vorne von der Nase – doch ein größeres wird. Die Wasserpumpe ist kaputt, es muss eine neue her!

 

Noch ahnungslos, was das bedeute, wasche ich am ersten Tag in unserer neuen Siedlung unsere komplette Wäsche. Sogar die Betten werden abgezogen – die laundry, ein Hammer! Auf einer Seite fünf haushaltsübliche Waschmaschinen, auf der anderen Seite ebenso viele Trockner, dazu eine Riesenwaschmaschine und ein ebenso großer Trockner. Was mich kurz überlegen lässt, ob vielleicht die Federbetten auch gleich noch gewaschen werden müssten…  ich verwerfe den Gedanken, schließlich macht die Hausfrauenseele in mir auch so schon Luftsprünge.

 

Die Pumpe dagegen macht zunehmend Probleme. Und unser Master Mack läuft zur Hochform auf. Wir verbringen Stunden bei ihm in der office, hören der Aufnahmezeremonie weiterer Neubürger zu, die mit dem markieren der speed bumps endet. Und sobald er „frei“ ist, hängt er sich wieder ans Telefon und versucht sein möglichstes irgendwo in Kanada oder den USA eine neue Wasserpumpe für uns aufzutreiben. Nach halbstündiger Warteschleife, flötet er ein neues: „Hey, Jack, how are you? “, in den Hörer, schildert wieder und wieder das Problem, gerne garniert mit einem „okidoki“ hier und einem „hey, you`re speedy conzales“ da, um nach einem weiteren erfolglosen Versuch uns mit einem „you got the money honey?“ an unsere ausstehende Rechnung zu erinnern.

 

So, da sitze ich nun mit einem Bier und denke….