Das pralle Nichts

 

 

Schon heute werden wir häufig gefragt, was denn die schönsten Orte unserer Reise waren. Ums gleich vorweg zunehmen, wir wissen es wirklich nicht, es wird wohl nicht „die“ Antwort auf diese Frage geben…

 

Heute Morgen stehe ich im Nichts – im prallen Nichts.

 

Wir sind in Bolivien auf dem Weg zu den Lagunen, holpern stundenlang über Schotterpisten und parken unseren Ivo schließlich am Rande eines großen Tals. Der Abend wird windig, die Nacht sternenklar, das Highlight aber ist der Morgen.

 

Thomas liegt noch im Bettchen und ich steh mit Kaffe und Kippe im Nichts. Die Ohren haben hier nicht viel zu tun. Außer das „tschilp“ der kleinen Vögel, die hin und wieder vorbei fliegen, hören sie einfach nichts – keine Autos, keine Mopeds, keine Musik – nichts…

 

Und auch die Augen schalten auf Sparmodus… kilometerweit ist keine Menschenseele unterwegs. Hier lebt niemand und es verirrt sich auch keiner der Ausflugs-Jeeps mit Tagestouristen, denen wir später häufiger begegnen, hierher. Hier ist nichts!

 

 

 

Da reißt mich einer der kleinen Vögel aus meinen Gedanken. Er schwirrt von hinten an, bleibt flatternd eine ganze Weile direkt neben mir in der Luft stehen und mustert mich. Schließlich hat er genug gesehen und offenbar entschieden, dass ich ihm in seinem Nichts nichts anhaben werd`. Er also scheint bereit, es für diesen Moment mit mir zu teilen.

 

So steh` ich also da und verlier mich in dem Gemälde eines unbekannten und wie mir scheint auch ziemlich unbegabten Landschaftsmalers. Nein, er lässt kein Klischee aus. Die karge Landschaft hat nicht mehr zu bieten als ein paar unscheinbare Pflanzenbüschel – weiter in der Ferne sehen die aber dann tatsächlich wie ein blassgrüner Pflanzenteppich aus. Satter ist das Grün um den fast schon versiegten Bach, der sich durchs Tal schlängelt. Die Berge im Hintergrund sind mächtig und natürlich fließen die letzten Schneereste in weißen Adern von den Spitzen nach unten. Und zu guter Letzt hat der wenig begnadete Künstler auch noch einen verwaschenen Halbmond an den strahlend blauen Himmel geklebt – toll!

 

 

 

Nein, hier gibt es nichts Spektakuläres – die Landschaft kann sicher nicht mithalten mit einem Machu Picchu, mit Tikal oder gar den Galapagos-Inseln. Und trotzdem lassen sich Momente wie dieser ganz sicherlich weit oben in meiner Highlight-Liste eintragen, denn manchmal reicht einfach auch mal nichts.