Im Namen des Herrn

 

Eigentlich haben wir uns auf ein bisschen Sightseeing eingestellt. Unser Ivo ist am Hafen in Colon abgegeben und wartet auf seine nächste Kreuzfahrt ( zwischen Panama und Kolumbien gibt es keine Straße -siehe Wikipedia "Tapón del Darién" )

 

Wir sind eine Woche lang heimatlos und als Backpacker unterwegs. Also, so der Plan, fahren wir mit der Touribahn am Kanal entlang nach Panama City. Der Taxifahrer bringt uns zur Bahnstation, allerdings nur um festzustellen, dass die Bahn nur einmal täglich und damit in fünf Stunden fährt. Nöö!

 

Also weiter zum Busbahnhof... dort dauert es großzügig geschätzt eineinhalb Minuten, bis wir aus dem Taxi raus sind, die etwa fünfhundert Menschen um uns rum ignoriert haben, unser Rucksack unten im Bus und wir oben verschwunden sind.

 

Sitzplätze gibt es keine mehr, ein junger Kerl mit Rastalocken scheucht uns durch den Gang, an dessen Ende zwei Sitzkissen stehen. Wir plumpsen drauf und es geht los.

 

Mein Schweiß wird kalt, ich registriere die Klimaanlage, guck mich um, auf der Suche nach irgendwelchen Möglichkeiten mich festzuhalten. Die Lösung ist, die Beine nach außen gegen die Sitze zu drücken und wenn es zu doll schaukelt, an der asiatisch aussehenden jungen und frisch geduschten Frau neben mir vorbei, beherzt die Sitzlehne schräg vor mir zu packen... Zeit mich zu orientieren: die Fenster mit lila Bordüren geschmückt, genauso die abgegriffen Sitzbezüge, vorne läuft ein Fernseher, aus den Lautsprechern dröhnt panamesische Popmusik, schräg links hinter mir kippt eine junge Frau den Sitz in Schlafstellung, schräg rechts vor mir zückt eine andere ihr Handy und schreibt Whatsapp-Nachrichten. Sie scrollt durch ihr reichlich gefülltes Telefonbuch und schickt dieselbe Nachricht an 50 ihrer Freunde. Dann steht ein junger Mann vorne im Bus auf, die Musik verstummt und er erhebt seine Stimme... es dauert ein bisschen, bis ich begreife, was jetzt los ist: die Buspredigt!

 

Ich verstehe nur Fetzen aber der Kerl macht das gut. Eine angenehme Stimme, genau die richtige Lautstärke, um auch hinten im Bus verstanden  (sofern der Sprache mächtig) zu werden, engagiert aber nicht zu überkandidelt, widmet er sich Matthäus 3, Vers 13-17 - oder so... Wie gesagt, ich verstehe nur Bruchstücke aber es würde passen... "Bereite den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen!" ...

 

Immer mal wieder unterbricht er seine Predigt, um einen kleinen Applaus einzufordern - er kriegt ihn. Auch von der Frau schräg links, die allerdings das Handy nicht aus der Hand legt, und somit lautlos die Hände gegeneinander schlägt.

 

Nach etwa zwanzig Minuten endet die Predigt. Unser Priester verteilt seine Hostien in Form kleiner in Plastik geschweißter Waffeln für - wenn ich es richtig sehe - 25 Cent, setzt sich und das Unterhaltungsprogramm geht nahtlos in eine Telenovela aus der Glotze über. Die Straße bleibt weitgehend gerade und wir erreichen ohne größere Blessuren Panama City...

 

 

Im Namen des Herrn