Gucchi oder Schöffel?

 

Wir haben ein neues Spiel, es heißt „Gucchi oder Schöffel“ und erklärt sich gewissermaßen von selbst. Es teilt einfach all die Touristen, denen wir so begegnen ein, die einen sind eben die Gucchis die anderen die Schöffels…

 

Die Wege zum Gletscher bei Steward in Alaska sind gewohnt gut ausgebaut und beschildert. Eine kurze Runde von nicht mehr als eineinhalb Kilometer reicht uns und den meisten anderen auch – egal ob Gucchi oder Schöffel. Wir sind ungewöhnlich früh unterwegs und der Ansturm hält sich bei unserer Ankunft noch in Grenzen. Wir tapern unseren Weg zum Gletscher, Thomas will näher ran und nimmt noch ne Runde über die Felsen, vor denen mit großen Schildern „Danger  und own risk“ gewarnt wird.

 

Auf dem Rückweg dann kommen uns die Scharen entgegen. Menschen aller Art. Die meisten von ihnen lassen sich aber ganz leicht einteilen, Gucchis oder Schöffels eben. Wobei wir es natürlich mit den Markennamen mal nicht so eng sehen.

 

Die mittelalte Brünette mit ihren Hotpants von G-Star, mit reichlich Paillettenglitzer auf beiden Gesäßtaschen – klar: Gucchi. Dazu tragen diese Damen wahlweise Ballerinas oder Flipflops, die Lippen sind eben noch in den Restrooms am Eingang nachgezogen und so sind sie bestens gerüstet für ihr Abenteuer. Die männliche Variante dazu kommt häufig aus der Schweiz, trägt ebenfalls Markenjeans oder Bermudas, dazu gerne ein Poloshirt oder auch ein weißes Hemd, die Füße stecken dann in Mokassins oder Badelatschen.

 

Die Schöffels dagegen sind weit besser ausgestattet. Hier, wo viele Amerikaner unterwegs sind, gilt vor allem eines: safety first. Also baumelt auf dem Rücken ein gut gefüllter Rucksack – man kann ja nie wissen, was auf den eineinhalb Kilometer Abenteuer so alles passiert. Am Rucksack bimmeln Glocken, die aussehen wie die vom goldenen Lindt-Osterhasen in XXXL. So wissen die vielen, vielen Bären, die hier die Touristen besuchen, gleich mal Bescheid. Treten diese Schöffels dann in größeren Gruppen auf, hören sie sich an, wie eine Schafherde, die in Griechenland umherzieht.

Diese hier gehen auf zwei Füßen, an der Gürtelschlaufe hängt die dicke Dose Bärenspray – man weiß ja nie, ob der Bär die Glocken auch wirklich gehört hat?  Hintern und Beine stecken in Outdoorhosen von Schöffel, Mammut, Northface oder McKinley, der Oberkörper in den passenden Hemden – Regenjacke und Überlebensdecke bleiben vorerst im Rucksack versteckt. Die Kopfbedeckung varriert zwischen Baseballcap und Hut.

 

Oder die Jungs tragen gleich Camouflage – zählen bei mir dann eigentlich zu den Schöffels. Bei einem allerdings werd` ich da etwas unsicher. Hose, Schuhe, T-Shirt sind bestens getarnt und an der Hand baumelt die große Wassernachfüllflasche in pink.  Bevor ich mich entschieden hab`, lenkt mich nach der nächsten Biegung einer mit Moskitonetz um den Hutrand ab, ein anderer mit hochgezogenem Mundschutz und zur Krönung schreitet einer mit einem großen Pickel in der Hand Richtung Gletscher. „Mach ihn nicht kaputt“, purzelts aus Thomas. Sein Gegenüber bleibt stumm und marschiert unbeirrt weiter…

 

Wir waren heute früh dran, es ist warm, ich schlüpf aus der Jack Wolfskin-Jacke, schmeiß sie nach hinten in den Ivo, als Thomas schon den Motor startet - wir sind dann mal raus!